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Da sucht Nolan Folgendes: aus Perspektive und deren Komplexion Erfahrung abzubilden.

Und, gelingt es ihm? Allerdings.

Dünkirchen ist militärhistorisch eine Kuriosität im Gesamt des Schlachtens des Zweiten Weltkrieges.

Eben dies reflektiert Nolan eigenwillig im Verzicht auf filmische Totalität des Geschehens.

So ist es ein Triumvirat aus den perspektivierten Geschehnissen bebildert durch die Augen eines englischen Infanteristen, eines privaten Schiffseigners und eines Piloten einer Spitfire der Airforce, deren Schnittmenge dann doch eine Totale kreiert, deren Nexus die Erfahrung des Zuschauens selbst reflektiert im Sinne einer Wesensschau einer Ereigniskette, die wir die Schlacht um Dünkirchen nennen.

So rechtfertigt Nolan seine Titelgebung, die die konsistente Individuierung von Einzelerfahrungen schon zu einem kausalen Geflecht verdichtet hat.

Dabei ist die strenge Verweisung der Perspektiven, die nüchtern für sich bleiben, das Übergängige, das Verdichten selbst, die innige Komprimierung von Erleben, von Erfahrung, die nicht bloße Erzählung sein will, sondern Lektion – Spüren!

Immer mag man einwenden, dass das Erfahren von Erfahrung eine Mitteilbarkeit hat, die als solche unüberwindlich bleibt – die Erfahrung von Erfahrung wäre demnach nicht Erfahrung von Erfahrung, sondern solitär einfache Erfahrung, nicht relational zu jener Erfahrung, auf die sie scheinbar rekurriere.

Hieße: Wir hätten keinerlei Möglichkeit, die Erfahrungen jener einzufangen, nachzuerleben, die Nolan im Film zitiert, sie blieben uns fern. Nacherleben müsse ein Euphemismus bleiben.

Und doch tue ich dies, schaue ich den Film. Möglich, dass dies eine Singularität, Kuriosität in der allgemeinen Dumpfheit einer von Mitgefühl dispensierten Gesellschaft ist, womit wir aber nicht der Aufgabe enthoben sind, diese Singularität zu erklären.

Ich bin versucht, jenes Nacherleben seiner Möglichkeit nach darin zu greifen, dass Nolan in der pluralen Verdichtung von Perspektive keine filmographische Totale findet, vielmehr eine erfahrungstheoretische, perzeptionstheoretische Mitte ermöglicht, die das Gesamt einer Situation, die aus spezifischer Relation verstanden sein muss, spürbar macht, sichtbar macht.

Also genau keine intellektuelle Bezugnahme auf eine multiplexe Kausalkette, die bloße Kulisse und nur Film als Konstruktion wäre, sondern ein spezifisches Innsein, welches dann Erfahrung ist. Dieses nehmen wir als Mitte aus intellektuellen Vermögen und einfach sinnlicher Perzeption, die Fühlen meint.

Und so habe ich eine Erfahrung einer Erfahrung, die nicht aktual ist. Aktualität ist demnach kein Kriterium einer möglichen Erfahrung einer Erfahrung mehr, wenn bestimmte, perzeptionstheoretische Verflechtungen das Solitäre einer Erfahrung aufweichen und zugänglich machen. Die Nichtmöglichkeit der aktualen Erfahrung eines Ereignisses, welches in der Zeit zurückliegt, bricht sich auf.

Und so erkläre ich mein Empfinden. Ob nun meine Analyse objektiver Natur ist oder vielmehr eine subjektiv für objektiv erklärte Verklärung solitärer Sonderlichkeit, mag man für sich entscheiden, da hier Erfahrung und Subjekt der Erklärung ebensolcher in eins fällt.

Entschieden will ich betonen, dass der Versuch Nolans, durch filmographische Mittel eine erfahrungstheoretische Totale im Empfinden des Zuschauers zu evozieren, ohne die rein intellektuelle Ansprache zu präferieren, beachtlich bleibt.

Die Wehrmacht keinen expliziten Teil seiner Komposition sein zu lassen, ist übrigens ein Kunstgriff, der es Nolan erlaubt, die aintellektualistische Haltung seines Erzählens konsequent zu leisten, so sie, so eigentümlich es erscheint, zwar notwendige Rahmengebung der Erfahrung Dünkirchen war, nicht aber die Eigentlichkeit jenes historischen Erlebens bildet.

So ist Dünkirchen Teil der blutigen Historie des Weltenbrandes, ohne aber signifikante Narration seiner Üblichkeit zu sein – tatsächliches Kuriosum, historisch wie filmisch.

Weshalb ich Nolan in seinem Versuch schon immer ohne jede intellektuelle Geste zugestimmt habe, insofern ich sein Erzählen fühlte.

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